Offener Brief des Rektorats und der Dekane an die ÖH

adminUniverstiät 2 Comments

Dieser Artikel wurde am 21. Januar 2004 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Universität Wien ist im Moment ein sehr interessantes Pflaster, um dort zu studieren. Was vor allem von den politischen Aktivitäten der Studentenvertretung als Reaktion auf das UG 2002 herrührt, daß die Universität in einen Zustand versetzt, wie er schon lange nicht mehr vorhanden war. Ob es zum Guten oder Schlechten ist, kann ich zwar kommentieren, aber es liegt nicht in meiner Macht, darüber eine Entscheidung zu treffen. Die offensichtlichen Punkte allerdings reduzieren die studentische Mitbestimmung auf eine beratende Tätigkeit im Senat, der von den Professoren und dem Rektorat beherrscht wird und bringen anscheinend deutliche Verschlechterungen für das Studium mit sich, wie die Reduktion der Anzahl möglicher Prüfungswiederholungen oder die Abgabe von Arbeiten bis zu zwei Semester nach dem Ende der Vorlesung oder des Seminars, um nur Beispiele zu bringen. Beides hat für mich allerhöchstens Konsequenzen in der Strukturierung von Lern- und Arbeitstätigkeit. Und darin, daß es schwieriger wird, neben dem Studium zu arbeiten, obwohl sich der Zwang dazu deutlich erhöht hat. Irgendwie merke ich gerade, ich werde mild und nachgiebig, nach einer Phase der Rebellion gegen dieses Gesetz. Inzwischen habe ich bald einen wienerischen Zugang dazu… schau’ma halt amol…

Unten der Brief des Rektorats and die, meines Erachtens doch ein wenig zu weit gegangenen Protestaktionen der ÖH.

S.g. Vorsitzendenteam!

Das Rektorat und die Dekane der Universität haben regelmäßig ihre
Bereitschaft zu offenen Gesprächen mit den Studierenden und anderen
Angehörigen der Universität über die Gestaltung der universitären
Strukturen im neuen Organisationsplan zum Ausdruck gebracht. Wir bedauern,
dass Sie erneut unser Angebot zu konstruktiven Gesprächen ablehnen.

Ihre Weigerung, das Rektorat als Gesprächspartner anzuerkennen, schadet der
Sache der Studierenden, deren Anliegen Sie vertreten wollen.

Um die Rückkehr zu gemeinsamen Gesprächen zu erleichtern, schlagen wir die
Moderation durch eine externe Persönlichkeit vor, die mit den universitären
Gegebenheiten vertraut ist; zum Beispiel durch den ehemaligen Präsidenten
des Verfassungsgerichtshofes, der bis Ende 2003 Vorsitzender des
Universitätsbeirates war.

Die Rahmenbedingungen der Gespräche werden durch das Universitätsgesetz
2002 vorgegeben, an denen sich die Ausgestaltung des Organisations- und
Entwicklungsplans sowie die studentische Mitbestimmung orientieren muss.
Viele der im Zuge Ihrer Protestmaßnahmen erhobenen Forderungen beziehen
sich auf gesetzliche Gegebenheiten, deren Veränderung nur durch das
Parlament möglich ist.

Der Ende letzter Woche vom Senat mehrheitlich gebilligte Entwurf zum
Organisationsplan ermöglicht:
· vereinfachte und unbürokratische Abläufe für Studierende und
WissenschafterInnen
· die Etablierung inter- und transdisziplinärer Forschungs- und Lehrinhalte
(z.B. im Bereich Cultural Studies, Genderstudies)
· besondere Förderung von jungen Wissenschafterinnen und Wissenschafter
· Etablierung neuer Formen der studentischen Mitwirkung

Wir bitten Sie uns darin zu unterstützen, die Weiterentwicklung der
Universität gemeinsam zu gestalten.
Die verbale Aufrüstung der letzten Wochen und die Anfeindungen gegenüber
Mitgliedern der Universitätsleitung drohen zu einer Radikalisierung zu
führen, die die Grenzen demokratischer Auseinandersetzung überschreitet.

Die Universität ist ein Ort des freien Wortes und des friedlichen
Wettstreites der Argumente!

Gottfried Adam
Wolfgang Greisenegger
Günter Haring
Johann Jurenitsch
Arthur Mettinger
Christian Noe
Walter Rechberger
Franz Römer
Martha Sebök
Günther Vinek
Georg Winckler
Paul Zulehner

Die Dekane und das Rektorat der Universität Wien.

Comments 2

  1. Die einzigen Effekte, die ich bisher spüre, sind erstens, dass zur Zeit keine Zeugnisse ausgedruckt werden können, und zweitens, dass für jede Prüfung exakt 4 Termine angesetzt werden. Ersteres wird sich ja hoffentlich bald einmal erledigen, letzteres wird mich hoffentlich nie tangieren, und wenn doch, hab ich offensichtlich die falsche Lehrveranstaltung gewählt 🙂

    Ob ich von der Umstrukturierung der Institute viel merken werde, wage ich einmal zu bezweifeln.

    Ob sich die Aktionen der letzten Tage, die sich sowohl durch eine gewisse Verzweiflung als auch durch eine peinliche Radikalisierung auszeichnen, überhaupt in die richtige Richtung gehen bzw. jetzt überhaupt noch sinnvoll sind, wage ich auch einmal zu bezweifeln.

    Die Rektoratsbesetzung, die Störaktionen bei Diskussionen, die Tortung, die Umzingelung… für das alles schauen die Rechtfertigungen sehr karg aus. Ich mach da nicht mehr mit.

    Vor allem dann nicht mehr, wenn der Winckler, der bestenfalls nur sehr eingeschränkt für die Veränderungen verantwortlich zeichnet, auf eine arg hetzerische und undemokratische Weise zum Ziel einer Mob-Aufhetzung gemacht wird. Ein Blick auf die sich selbst disqualifizierenden Plakate genügt: zum Kotzen.

    Und wenn’s dann zu einem Exzess kommt, will man bei der ÖH davon nichts gewusst haben und man wird sich natürlich nicht verantwortlich fühlen für das Anheizen und Vorbereiten einer Situation, die jetzt schon langsam aus der Hand läuft.

    Gute Nacht,
    Rainer

  2. Womit du im Großen und Ganzen doch ziemlich recht hast. Jetzt ist es eindeutig zu spät, um noch irgendetwas ändern zu können. Vielleicht schafft es die ÖH, wenn Winckler wirklich sehr genädig ist, an der Reorganisierung der Uni etwas zu ändern oder zumindest noch Gedanken einzubringen. Für mehr ist es allerdings wirklich zu spät. Das hätten sie sich vor zwei Jahren überlegen müssen, als es darum ging, das Gesetz selber zu Fall zu bringen. Hier hätte es mehr Konsequenz und Härte benötigt, vor allem Durchhaltevermögen. Aber im Nachhinein ist es immer leicht reden. Nur jetzt, fürchte ich, müssen wir uns damit, wenn auch nicht abfinden, so zumindest arrangieren.
    Die Demokratie auf der Uni ist sowieso ein Thema, daß fragwürdig ist, wenn man sich Wahlbeteiligungen von 30% der Studenten ansieht. Eine Vertretung, die von einer Minderheit für die Allgemeinheit bestimmt wurde, steht auf wackeligen Beinen und ist im Grunde nicht im Sinne einer demokratischen Entscheidungn gewählt worden. Theoretisch müsste es doch so sein, daß zumindest einmal eine Mehrheit der Studenten überhaupt wählen geht, damit sich die ÖH überhaupt erst konstituieren kann, eine Berechtigung hat, die Studenten zu vertreten. Was ein wirkliches Problem ist…

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